Wiener Neustadt – Lieblingsziel der US Air Force: 52.000 Bomben zerstören eine Stadt. (Ort Nr. 89 in: Sabine M. Gruber, 111 Orte in den Wiener Alpen, die man gesehen haben muss, erschienen im Emons Verlag)
(Ort Nr. 89)
Wiener Neustadt
Die Bombensäule
Zerstörte Hoffnungen
Am 29. September 1946 schlägt Bundespräsident Dr. Karl Renner feierlich einen Nagel in die unscheinbare Säule unter dem Laubenbogen auf dem Hauptplatz. Ein Steinfelder Baumstamm mit Sockel und Gittern aus Überresten zerbombter Häuser. Bürgermeister Rudolf Wehrl hat die Säule errichten lassen, zur Erinnerung an die 52.000 Bomben, die von 1943 bis 1945 überwiegend von Jagdfliegern der amerikanischen Air Force auf ziviles Gebiet abgeworfen wurden. Nur 18 Gebäude haben den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden, und so liegt Wiener Neustadt in der traurigen Liste zerstörter Städte weltweit auf Platz sieben, in Österreich auf Platz eins. Ein Jahr nach Kriegsende ist Wiener Neustadt immer noch ein Trümmerfeld und wird es lange bleiben.
Dabei sind die Erwartungen hoch gewesen, als Generalfeldmarschall Hermann Göring am 28. März 1938 Wiener Neustadt besuchte. Der Reichsminister der Luftfahrt und Reichswirtschaftsminister versprach: Arbeit für alle! Und die Bevölkerung jubelte ihm zu. Kein Wunder, waren doch mehr als die Hälfte der Erwerbsfähigen seit Jahren ohne Arbeit, viele davon ausgesteuert, ohne staatliche Unterstützung. Ohne Hoffnung. Nun aber ging es, so gaukelten es reichsdeutsche Propagandafilme den Wiener Neustädtern vor, steil bergauf. Wie Phönix aus der Asche erhob sich die nach dem Ersten Weltkrieg darniederliegende Rüstungsindustrie, auf den Flügeln des Nationalsozialismus. Schon im Mai nahm die Flugzeugfabrik ihren Betrieb wieder auf. Als „Wiener Neustädter Flugzeugwerke“ avancierte sie zum wichtigsten Standort der Produktion von Jagdflugzeugen im Deutschen Reich, vor allem durch die „Messerschmitt 109“. Diesem Umstand verdankte man den kurzen großen Aufschwung – und das lange große Elend. Ab 1943 erkoren die Alliierten Streitkräfte die mittelalterliche Stadt im Steinfeld zu ihrer Lieblingszielscheibe und bombardierten sie insgesamt neunundzwanzigmal.
Die seit 1946 in die Säule eingeschlagen Nägel symbolisieren die Bomben ebenso wie die Opfer und den mühsamen, bis heute andauernden Wiederaufbau einer fast völlig zerstörten Stadt. Und eine Hoffnung: Mögen sich die Menschen nie wieder zu etwas breitschlagen lassen, das am Ende niemand gewollt haben wird.
Rezension: Sabine M. Gruber, 111 Orte in den Wiener Alpen, die man gesehen haben muss
Natürlich haben wir den Schneeberg oder die Rax erwandert, auch das Wechselgebiet ist uns nicht fremd. Den Semmering haben wir zuerst mit der berühmten Bahn erobert und oben dann die Waden brav angestrengt.
Wiener Neustadt, die „Allzeit Getreue“, Burg Seebenstein und der Türkensturz, Orte und Ausflugsziele, die uns nicht fremd sind.
Wir kennen uns also in der Gegend ganz gut aus und doch gibt es da versteckte Kleinode, die abseits von den „Trampelpfaden“ liegen und die es noch zu entdecken gibt.
Und genau da setzt der Reiseführer „111 Orte in den Wiener Alpen, die man gesehen haben muss“ an.
Mit viel Liebe zum Detail werden verwunschene Schlösser oder Kirchen vorgestellt, kleine Naturwunder warten darauf, endlich wahr genommen zu werden, auch so manche Kuriosität findet sich im Buch.
Keine trockene Reiselektüre, da es genug Geschichten und Gschichterl rund um die vorgestellten Orte gibt, die die Autorin geschickt mit der jeweiligen Sehenswürdigkeit verknüpft."
(Veronika Holzinger, sempre-vita.com)